Heute habe ich mir ein Sigel geschaffen. Ich war ergriffen. Morgen werde ich gehen.
Schlagwort: Leben
Ich betrachte Portraitphotographien von Fremden im Internet. Ich schaue ihnen tief in die Augen, ohne dass sie es wissen; fahre ihnen durch das Haar, berühre ihre Lippen. Nicht einmal die Algorithmen wissen von unserer Intimität. Gestern habe ich mich in eines dieser Photographien verliebt. Ich hielt es mir besonders lange vor Augen. Es war das Absterben dieses Lebens, der Sinn ihrer Entropie, den ich aufspüren wollte.
Heute Morgen wachte ich auf, schaute auf das Handy. Da war es, dieses Gesicht, überzogen von Zellen, Keimen und Faszination und Liebe. Ich fand heraus, dass es ein KI-generiertes Gesicht war. Ein Gesicht, erzeugt aus Mustern von milliarden Gesichtern. Ich verstand.
Ich arbeite mit Obdachlosen und Drogensüchtigen zusammen. Das gibt meinem Leben Struktur, Stabilität und ein regelmäßiges Einkommen.
Ich fotografiere nicht
Kirschblüten im Frühling
Gewiss sehe ich sie wieder
Im nächsten Jahr
Aber was
Wenn nicht.
Traumlos erwacht mit
Geschlossenen Augen und
Krustensinnen
Sie gossen mir Mist
In den Hals verkorkten
Die Atmung am Tag
Nachts
Befragte ich das
Sogenannte Leben
Wie hälst du mich?
Ich bin davon überzeugt, dass man die Fragen nach Sinn des Lebens und Sinn von Leben unterscheiden sollte. „Was ist der Zweck des Lebendigen?„, und „Was ist ein sinnvolles Menschenleben?“ sind sehr distinkte Fragen. Gibt es überhaupt einen Zusammenhang? Die Knotenpunkte könnten anders beschaffen sein, als erwartet.
18.
Computerspieler wissen, was es bedeutet, den eigens erstellten, benannten, geformten, gespielten und verwalteten Charakter in eine Herde viel zu starker Feinde laufen zu lassen, ihn eine Klippe hinab zu stürzen oder sich – denn der Spieler spricht, als wäre er es selbst – von etwas großem überrollen zu lassen, nur um zu wissen, wie es ist, wie es sich anfühlt und was daraus folgt. Nun fehlt ihm lediglich die richtige Portion Don-Quijoterie: jener las so viele Ritters-Romane, bis er höchstselbst einer geworden ist. Der Spieler hingegen verwechselt sich nur sprachlich mit seinem virtuellen Charakter. Darin liegt der wichtigste Unterschied zwischen Buch und Spiel: das eine stimuliert, das andere sediert.
Schluckauf
Ich habe einen Schluckauf
Ich schlucke auf ich schlucke ab
Ich habe einen Lebenslauf
Ich schluck ihn runter ich kotz ihn aus
Ich sehe eine Pfütze
In dieser Pfütze seh ich Stücke
Biologische Monographische
Monolithisch steh ich darauf
Ich steh in dieser Pfütze
Ziehe kreise in die Grütze
Drapiere alles zeitgemäß
Bekomme einen Harten
Von meinem steilen Gesäß
Ich setze mich darein
Und fang schon wieder an zu Spein
Diesmal bin ich klüger
Ich fange alles auf
Ich führe es mir wieder
Mit einem Schlauche ein
Jetzt fühle ich mich gut
Mein Lebenslauf geht steil Bergauf
Eines ist mir sicher
Qualifikation: Speichellecker
Mein Zwerchfell gibt noch keine Ruh
Ich schlucke auf ich schlucke ab
Mein Leben läuft den Gully runter
Schon vorbei
Was bleibt ist dieser Ekelfleck
Es ekelt mich doch bis zuletzt
Hät ich nur alles drin behalten
Gelebt hät ich bis zu den Falten
Hät andern Innen offenbart
Statt offen andre zu belügen
Damit ich meine Kreise dreh
Mir einer von mir selber steht
Und niemand niemand mich versteht
Weil ich mich nie hab selbst geliebt
Sehr smart!
Während ich so auf mein Handy starre
Im Laufen trinke ich aus meiner Sportsmenflasche
Der Flaschenhals verjüngt sich nach oben zum Nippel
Damit ich mich beim trinken auch ja nicht bespritzel.
Während ich so auf mein Smartphone lunze
Das Wissen der Welt im Internet suche
Vergess ich doch glatt, wo ich mich befinde
Auf der Straße, ich höre noch Autogehupe.
Während ich so auf einen Bildschirm hoffe
Verstümmelte Finger ohne Touchfunktion
Die Glieder in Gips und einen Schlauch im Loch
Frage ich mich, wie smart ist das noch.
Ich lebe
Ich lebe im Haus der Gezeiten
Mittlerweile steht das Wasser zum Hals
Reinpissen hat noch nie geholfen
Ach jetzt mach ichs halt
Noch stehen wir in unserem Sud
Früher glaubte man an Ebbe nur Mut
Genieß das Leben alles wird gut
Der Gestank zerfetzt meine Zellen
Er zersetzt auch dein Hirn denn hier bist du
Machst nichts besser ich steh an der Schwelle
Zum Nirgendwo dort ist kein Platz
Dort gibt es nichts kein Ich kein Du