Ich habe eine Werbung gesehen, in der eine junge Frau an einer langen Email verzweifelt. Sie öffnet sie, beginnt zu scrollen und ihr Gesicht verdunkelt sich. Doch zum Glück hat ihr Mailingprogramm eine intelligente Taste, mit der sie diese Schreckensnachricht automatisiert zusammenfassen lassen kann. Sie lächelt.

In den 90ern hat sich die Eltern und Großelterngeneration darüber aufgeregt, dass wir nicht mehr in selbem Maße Kopfrechnen konnten wie sie. Schlimm? Nicht wirklich.

Doch was passiert, wenn wir bald unsere Sprache verlieren, weil intelligente Geräte das übernehmen?

Ich habe mein bisheriges Leben viel Zeit damit verbracht, mir Gedanken über Sprache zu machen – in Philosophie, Kunst und außerhalb davon. Doch seit Monaten schleicht sich etwas ein. Ein Gefühl oder ein Bedürfnis, ich kann es nicht genau verorten. Es entsteht durch den Eindruck, dass wir uns alle gegen Sprache immun machen müssen. Ihre Kraft wird ausgebeutet. Sie ist ein Marketinginstrument, dass sich in unsere Seele frisst und sie verdirbt. Der derzeitige Wahlkampf ist bester Bürge dafür. Nichts von dem, was auf der ungezählten Wahlkampfwerbung steht, hat irgendeine Bedeutung, aber wirkt psychologisch. Wie können wir die Sprache noch retten? Ich bin sie Leid. Und dass mir von der Nutzeroberfläche meiner Wucherungen angeboten wird, die Texte mit KI verfassen zu lassen, gibt mir den Rest…

Ich würde gerne eine Sprache sprechen, die immun ist gegen eine kapitalistische Vereinnahmung und infolge eine Abschleifung. Ich denke an Walter Benjamin, der sich für seine Begrifflichkeiten erhofft hatte, sie seien für den Faschismus untauglich (Walter Benjamin: „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner Reproduzierbarkeit“).