Die konsequente Durchführung einer Philosophie des Nicht-Wissens wäre, die Verstelltheit der Dinge zu feiern und sie in ihrem Verstellungszusammenhang unangetastet zu lassen.
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Wäre das dann nicht eine Philosophie der Erscheinung als Erscheinung und die Verstelltheit der Dinge feiern der „bacchantische Taumel, an dem kein Glied nicht trunken wäre“, nur ohne Wahrheit und platonischem Eros, d.h. Philosophie würde zur Partykultur mit schlechtem Gewissen. Sokrates, der erste überlieferte Nicht-Wisser, hat aus sachlogischen Gründen kein Buch geschrieben.
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Platonischer Eros ist ein interessantes Stichwort. Wer die Wahrheit liebt, lässt sie hinter ihrem Schleier, denn unser Blick beschämt sie. Dies wäre die wahrlich weise Variante der Wahrheitsliebe. Es resultierte daraus aber kein bacchantischer Taumel, sondern der Einzug des Dionysischen in die Philosophie und die Wissenschaft schlechthin. Ungezügelt? Meinetwegen. Man muss vielleicht auch erst einmal 12 Bier trinken, um zu erkennen, dass einem Übel wird. Wiederholung und Differenz, statt Korrespondenz.
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Doch grade dieser philosophische Eros, der nach Platon, auch von Aristoteles, stille Voraussetzung des menschlichen Bemühens um Wissen ist, kommt mit der bürgerlichen Gesellschaft – die Resultat der Gattungsgeschichte ist – auf den Hund. Das sich abmühen um wahre Erkenntnis (Vernunft) wird nicht aus erkenntnistheoretischen Gründen suspendiert, sondern vollzieht sich, in Abhängikeit von der ökonomischen Mehrwertakkumulation, in der akademische Philosophie, die kein capital fixe in Form von Produktionsmaschinerie vorzuweisen hat, zu einem publish or perish.
Unterm Deckmäntelchen der Reputation, werden wissenschaftsfremde, ökonomische Zwänge positiv als Anreiz im Wissenschaftsbetrieb gesetzt, nur um auszublenden, dass um Reputation erlangen zu können sich der Wissenschaftler heteronom bestimmen hat lassen müssen, d.h., luhmannianisch, das Wissenschaftssystem steht – nicht wie bei dem Stageriten: autonom – in einen gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang in dem es Koordiniert wird von „Entscheidungssysteme(n), die Fertigkeitszertifikate, Posten, Finanzmittel, Publikationsmöglichkeiten und technische Hilfsmittel bereithalten und über deren Verteilung entsch(-schieden werden müssen).“ (N. Luhmann: Soziologische Aufklärung, S. 236f.) So steht ein Wissenschaftler eher, unter seinem Ansehen zur Macht – als kluger Taktiker – da, als jemand der sich um Wahrheit bemüht. Und die Postmodernen machen sich, anstatt diese historisch-qualitative Differenz zu Reflektieren mit der vorherrschenden Ideologie gemein.
– Der Schleier und das Allerheiligste – da theologisierst du aber sehr! Schiller’s Bild zu Sais; aber auch Courbets „L’Origine du monde“ ist aus der Kunst noch sehr Interessant und im Pentateuch das Bilderverbot.
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Zwei Thesen also:
a) Postmoderne Denker haben sich dem kapitalistischen Räderwerk unreflektiert angebiedert.
b) Meine These ist zu theologisch.
Zu a)
Man kann die Philosophie des letzten Jahrhunderts und die akademische Philosophie schlechthin so interpretieren und die kritische Reflexion davon ist ungemein wichtig. Doch sie unter diesen Scheffel zu stellen und dort zu belassen, nimmt ihnen die Chance, dir etwas mitzuteilen, selbst falls sie ihre eigenen ökonomischen Bedingungen nicht reflektiert haben. Die Totalität dieser These würde ich aber keineswegs zustimmen, auch nicht für die Postmodernen.
Zu b)
Die Wahrheit ist etwas zutiefst theologisches, dem man nur mit göttlicher Liebe entgegentreten kann. Letztlich kann der platonische Eros trotzdem nur dort stehen bleiben, wo er sich seiner eigenen Grenzen gewahr wird. Ja, man könnte sagen, nach wie vor ist die höchste Erkenntnis, dass ich nichts weiß. Die Frage, die sich mir dabei stellt, ist: Wie nach dieser Erkenntnis philosophieren? Und damit komme ich zurück zu meinem ursprünglichen Beitrag.
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Zu a) Du hast natürlich recht! Schon durch die All-Aussage werde ich den Philosophen der „Postmoderne“ nicht gerecht. Versteh den vorhergehenden Beitrag vielmehr als Problemhorizont, den sich eine Philosophie, die nicht bei sich bleiben will, bewusst sein muss.
Zu b) Natürlich mit Hegel, nicht gegen ihn! 😉
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